Warum der Gewerbeertrag mehr ist als das zu versteuernde Einkommen: Die geheime Rolle der Hinzurechnungen – Aktuelle Rechtsprechung und ihre Auswirkungen
- 4. Mai
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Warum der Gewerbeertrag mehr ist als das zu versteuernde Einkommen: Die geheime Rolle der Hinzurechnungen – Aktuelle Rechtsprechung und ihre Auswirkungen
Dass der Gewerbeertrag nicht mit dem zu versteuernden Einkommen identisch ist, liegt an den besonderen Hinzurechnungen und Kürzungen des Gewerbesteuergesetzes. Die Hinzurechnungsvorschriften sorgen dafür, dass bestimmte Betriebsausgaben, die beim Gewinnabzug berücksichtigt wurden, nachträglich dem Gewerbeertrag hinzugerechnet werden. Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 16. September 2024, III R 36/22) zur gewerbesteuerlichen Behandlung von Aufwendungen eines Werbedienstleisters zeigt eindrucksvoll, welche praktischen Auswirkungen diese Regelungen haben können. Ein Anlass, die Auswirkungen genauer zu beleuchten.
Was bedeutet „Hinzurechnung“ bei der Ermittlung des Gewerbeertrags nach § 8 GewStG?
Hinzurechnungen nach § 8 GewStG betreffen bestimmte Betriebsausgaben, die bei der Gewinnermittlung abgezogen wurden, jedoch später wieder teilweise zum Gewerbeertrag hinzugerechnet werden. Ziel dieser Regelung ist es, die tatsächliche Ertragskraft eines Unternehmens zu ermitteln – unabhängig von der Finanzierung über Eigen- oder Fremdkapital. Dadurch soll eine objektive und faire Bewertung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens gewährleistet werden.
Welche Aufwendungen werden hinzugerechnet?
Zu den hinzuzurechnenden Aufwendungen gehören unter anderem:
Zinsen für Fremdkapital (z. B. Kreditzinsen)
Mieten und Pachten für bewegliche und unbewegliche Wirtschaftsgüter (z. B. Maschinen oder Immobilien)
Lizenzgebühren (z. B. für Software oder Markenrechte)
Renten und dauernde Lasten
Gewinnanteile von stillen Gesellschaftern
Freibetrag und Kürzung
Die Hinzurechnung erfolgt nicht in voller Höhe, sondern nur anteilig. Beispielsweise werden Zinsen zu 25 %, Mieten für bewegliche Wirtschaftsgüter zu 20 % hinzugerechnet. Für die betroffenen Posten gibt es einen Freibetrag von 200.000 €, der von der Summe der hinzuzurechnenden Beträge abgezogen wird. Dieser Freibetrag gilt für alle der oben genannten Posten.
Beispiel:
Ein Unternehmen zahlt 100.000 € Miete für ein Gebäude (unbewegliches Wirtschaftsgut). Davon werden 50 % hinzugerechnet, also 50.000 €.
Bei 80.000 € Zinsen werden nur 25 %, also 20.000 €, hinzugerechnet.
Für beide Posten (Miete und Zinsen) wird der Freibetrag von 200.000 € berücksichtigt, sodass die Summe der hinzuzurechnenden Beträge mit diesem Freibetrag verrechnet wird.
Wirtschaftliche Auswirkungen der Hinzurechnung
Durch die Hinzurechnung erhöht sich der Gewerbeertrag, was wiederum zu einer höheren Gewerbesteuer führt. Besonders Unternehmen, die stark auf Fremdkapital angewiesen sind oder viele gemietete oder lizenzierte Wirtschaftsgüter nutzen, sind von dieser Regelung betroffen.
Aktuelle Entscheidung des BFH
Das oben erwähnte Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH-Urteil vom 16. September 2024, III R 36/22) bezieht sich auf eine GmbH, die in den Jahren 2012 bis 2015 diverse Werbemaßnahmen durchführte, darunter Sponsoring von Vereinen sowie die Anmietung von Werbeflächen im öffentlichen Raum. Das Finanzamt behandelte die relevanten Ausgaben nach § 8 Nr. 1 Buchst. d GewStG als hinzuzurechnende Posten zum Gewerbeertrag. Im Einspruchsverfahren wurden einige Positionen, wie etwa die Kosten für Plakatproduktion, anerkannt, während die Hinzurechnung für andere Aufwendungen beibehalten wurde.
Fazit
Die Unterscheidung zwischen verschiedenen Werbeaufwendungen und deren steuerlicher Behandlung kann komplex und anspruchsvoll sein. Unternehmen sollten daher genau prüfen, welche Aufwendungen als Mietzahlungen für bewegliche Wirtschaftsgüter zu werten sind, um ihre Steuerlast korrekt zu berechnen. Eine Überprüfung der Gewerbesteuerbelastung durch einen Steuerberater kann hier wertvolle Unterstützung bieten.