Was ist eine Betriebsaufspaltung?
In der Praxis kommt es häufig vor, dass die Voraussetzungen für eine Betriebsaufspaltung nicht erkannt werden. Die Betriebsaufspaltung stellt jedoch eine Gefahr dar, sobald sich die betrieblichen Abläufe ändern oder Umstrukturierungen vorgenommen werden, die zu einer Änderung der Voraussetzungen und damit zum Wegfall der Betriebsaufspaltung führen.
Zur Schärfung des Bewusstseins für diese Thematik hier eine kurze Darstellung der Betriebsaufspaltung und ihrer Rechtsfolgen
Die Betriebsaufspaltung ist eine der interessantesten Unternehmensformen in der Praxis.
Die Betriebsaufspaltung ist aufgrund der Vereinigung der steuerlichen und zivilrechtlichen Vorteile einer Personalgesellschaft mit denen einer Kapitalgesellschaft eine der interessantesten Unternehmensformen, die in der Praxis anzutreffen ist. Es gibt verschieden Erscheinungsformen der Betriebsaufspaltung und zahlreiche Möglichkeiten eine solche zu begründen. Bevorzugt wird die Betriebsaufspaltung vor allem von mittelständischen Unternehmen (Vgl. Brandmüller, Betriebsaufspaltung: Die aktuelle Rechtsform (BA), Gruppe 3.3, S. 3).
Bei der in der Praxis häufiger anzutreffenden sog. unechten Betriebsaufspaltung entstehen gleichzeitig oder nacheinander zwei selbständige Unternehmen (Betriebs- und Besitzgesellschaft). Diese Art der Betriebsaufspaltung ist in der Praxis eher von Bedeutung, da sie in den meisten Fällen nicht gewollt ist und allein durch die Vermietung von Wirtschaftsgütern - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen - entstehen kann.
Eine für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderliche - nach Auffassung des BFH - enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen Besitz- und Betriebsunternehmen liegt vor, wenn zwischen beiden Unternehmen besondere sachliche und personelle Verflechtungen bestehen. Wann diese sachlichen und personellen Voraussetzungen für das Vorliegen einer Betriebsaufspaltung erfüllt sind, wird im Folgenden dargestellt.
Sachliche Verflechtung
Eine sachliche Verflechtung liegt dann vor, wenn das überlassene Wirtschaftsgut eine wesentliche Betriebsgrundlage für die Betriebsgesellschaft darstellt (Vgl. BFH v. 24.2.1967- VI 169/65, BStBl. III 1967, S. 387).
Bei den überlassenen Wirtschaftsgütern muss es sich aus der Sicht der Betriebsgesellschaft um eine funktional wesentliche Betriebsgrundlage handeln und vom besonderen Gewicht für die Geschäftsführung sein (Vgl. BFH v. 10.4.1997- IV R 73/94, BStBl II 1997, S. 569). Der Begriff der wesentlichen Grundlage wurde von der Rechtsprechung des BFH ständig ausgeweitet. Funktional wesentliche Betriebsgrundlagen können materielle Wirtschaftsgüter, insbesondere Grundstücke und Gebäude, aber auch immaterielle Wirtschaftsgüter (wie z.B. Patente und ungeschützte Erfindungen) sein.
Wenn die ältere Rechtsprechung, z. B. bei der Austauschbarkeit der überlassenen Wirtschaftsgüter, von einer eher unwesentlichen Betriebsgrundlage ausgegangen ist, wurde dieses Kriterium spätestens mit dem BFH Urteil vom 26.5.1993 (Vgl. BFH v. 26.5.1993- X R 78/91, BStBl. II 1993, S. 718) aufgegeben. Eine ausufernde Rechtsprechung des BFH in der Vergangenheit bei der Beurteilung der sachlichen Verflechtung führte zur Ausweitung des Rechtsinstituts der Betriebsaufspaltung. Vor allem zur Nutzung überlassene Grundstücke und Büroräume stellen nach der Rechtsprechung stets eine wesentliche Betriebsgrundlage dar, es sei denn diese sind von keiner oder nur geringer wirtschaftlichen Bedeutung. Eine solche liegt dann vor, wenn das Wirtschaftsgut die Grenzen des § 8 EStDV ( Wert nicht mehr als ein Fünftel des gemeinen Werts des gesamten Grundstücks und 20.500 EUR) nicht überschreitet.
Während aufgrund der vorstehenden Ausführungen davon ausgegangen werden kann, dass eine sachliche Verflechtung bei der Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern innerhalb einer Unternehmensgruppe in den meisten Fällen vorliegt, kann das Vorliegen einer personellen Verflechtung nicht immer eindeutig bestimmt werden.
Personelle Verflechtung
Personelle Verflechtung ist ein weiteres unabdingbares Merkmal einer Betriebsaufspaltung und liegt dann vor, wenn die hinter den beiden Unternehmen stehenden Personen oder Personengruppe einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen bei beiden Unternehmen – nach der Grundsatzentscheidung zur Betriebsaufspaltung des BFH - durchsetzen können (Vgl. BFH v. 8.11.1971- GrS2/71, BStBl. II 1972, S. 63). In diesem Zusammenhang wird von „Beherrschungsidentität“ gesprochen. Diese Grundsatzentscheidung vom 8.11.1971 wurde vom BVerfG bestätigt und entspricht der ständigen Rechtsprechung.
Der einfache Fall ist eine Einmann-Betriebsaufspaltung. In diesem Fall ist die Durchsetzbarkeit eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens sowohl bei der Besitzgesellschaft als auch bei der Betriebsgesellschaft gegeben, da nur eine Person beide Unternehmen beherrscht.
Rechtsfolgen
Aufgrund der sehr engen wirtschaftlichen Verflechtung mit der Betriebsgesellschaft kann die ihrer Art nach vermietende oder verpachtende Tätigkeit der Besitzgesellschaft gewerblich sein und der Gewerbesteuer unterliegen.
Das vermietete Wirtschaftsgut sowie die Anteile an der Betriebsgesellschaft werden Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft. Damit werden die stillen Reserven dieser Wirtschaftsgüter steuerverstrickt.
Die an der Besitzgesellschaft beteiligten Gesellschafter erzielen, unabhängig davon, ob sie auch an der Betriebsgesellschaft beteiligt sind oder nicht (reine Besitzgesellschafter), Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach der Abfärbetheorie gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Weitere Nachteile einer Betriebsaufspaltung ergeben sich auch auf Ebene der Besitzgesellschaften. Besitzgesellschaften, die bereits aufgrund ihrer Rechtsform (z. B. GmbH, GmbH & Co.KG) gewerbliche Einkünfte erzielen, können nun aufgrund der (originär) gewerblichen Einkünfte keine erweiterte Gewerbesteuerkürzung mehr nach §9 Nr.1 Satz 2 ff. GewStG in Anspruch nehmen. Zu einer möglichen Doppelbelastung mit Gewerbesteuer kann es auch kommen, wenn die Mieteinnahmen sowohl bei der Besitz- als auch bei der Betriebsgesellschaft besteuert werden (durch Hinzurechnung).
Praktische Anmerkungen
Den Unternehmensgruppen, die solche Strukturen erwägen, ist zu raten bei der Planung der unternehmerischen Tätigkeiten besondere Augenmerk auf die Frage der personellen Verflechtung zu legen.
Bei der personellen Verflechtung kommt es auf die tatsächliche Beherrschung des Besitzunternehmens und des Betriebsunternehmens und nicht auf die Beteiligungsverhältnisse an. Die Beherrschung der beiden Unternehmen durch die gleiche Person oder Personengruppe liegt in der Regel dann vor, wenn ein „einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille“ in Bezug auf beide Unternehmen gegeben ist. Da eine Beherrschung im Sinne der Betriebsaufspaltung bereits dann vorliegt, wenn aufgrund der Stimmrechtsverhältnisse die Geschäfte des tägliche Lebens der Besitzgesellschaft und der Betriebsgesellschaft von derselben Person bzw. Personengruppe bestimmt werden können, ist insbesondere auf die Stimmrechtsverhältnisse zu achten (Vgl. BFH v. 12.11.1985 - VIII R 240/81, BStBl. II 1986, S. 296).
Es kann jedoch ein Wille auch mit gesellschaftsrechtlichen Mitteln durchgesetzt werden, wenn einem Gesellschafter-Geschäftsführer trotz fehlender Stimmrechtsmehrheit die Geschäftsführung nicht entzogen werden kann und er die Geschäfte des täglichen Lebens beherrscht. Nach Auffassung des BFH (Vgl. BFH v. 30.11.2005 - X R 56/04, BStBl. II 2006, S. 415) beherrscht ein Gesellschafter - Geschäftsführer in diesem Fall die Betriebsgesellschaft.
Gefahr besteht aber vor allem bei unentdeckten Betriebsaufspaltungen. Denn mit dem Wegfall der (sachlichen und personellen) Voraussetzungen endet die Betriebsaufspaltung. Mit der Beendigung der Betriebsaufspaltung liegt eine Betriebsaufgabe vor mit der Folge, dass alle stillen Reserven in den steuerverstrickten Wirtschaftsgütern (das sind die zur Nutzung überlassenen Wirtschaftsgüter und die Beteiligung an der Betriebsgesellschaft) zu versteuern sind.
Derartige Konstellationen sollten stets im Auge behalten werden, um unerwünschte steuerliche Folgen rechtzeitig vermeiden zu können. Insbesondere im Hinblick auf die sich ständig ändernde Rechtsprechung, wie z.B. das jüngste BFH-Urteil vom 16.9.2021 (Vgl. BFH v. 16.9.2021- IV R 7/18, DStR 2022, S. 189).